Osternacht

Gedanken zum Sonntag
Segen

1. Lesung: Genesis 1,1-2,4a

2. Lesung: Genesis 22,1-18

3. Lesung: Exodus 14,15-15,1

4. Lesung: Jesaja 54,5-14

5. Lesung: Jesaja 55,1-11

6. Lesung: Baruch 3,9-15.32-4,4

7. Lesung: Ezechiel 36,16-17a.18-28

Epistel: Römerbrief 6,3-11

Evangelium: Matthäus 28,1-10



Bei jedem Trauergespräch frage ich die Angehörigen nach Eigenschaften,
die die verstorbene Person auszeichnen.

Hilfsbereitschaft, Fürsorglichkeit, Freundlichkeit,
handwerkliches Geschick werden dann oft genannt.


Welche Eigenschaften haben Sie?
Welche Eigenschaften schreiben andere ihnen zu?

Vermutlich sind es ähnliche, wie ich sie, wie wir, die wir Trauerfeiern leiten, hören.

Heute, in dieser Nacht, kommt eine weitere Eigenschaft dazu: österlich.

Wir sind österliche Menschen.
Also Menschen, die von Ostern her, vom Leben her, geprägt sind.

Gleichzeitig sind wir Menschen, die den Karfreitag nicht ignorieren,
wegwischen oder für banal erklären.


Denn Ostern 'rechtfertigt' nicht den Karfreitag.
Ostern ist nicht das Happy End, nach dem alles nicht so schlimm gewesen sei. Karfreitag ist schlimm. Der Tod ist schlimm.

Ostern rechtfertig nicht einen Krieg, in dem ein Nachbarland überfallen wird.
Nicht die kaltblütig durchgesetzten Interessen derer,
die nicht wissen wollen, woher ihr Luxus und ihre Rohstoffe kommen.

Ostern rechtfertigt nicht die Krankheit, nicht den Krebs,
nicht den Herzstillstand,
nicht das Erdbeben, das ganze Landstriche zerstört
und nicht das Elend der Menschen nebenan.


All das ist Karfreitag.

Dennoch feiern wir Ostern!


Dabei dürfen wir Zeugnis geben von einem Gott,
dem Leiden, Sterben und Tod nicht fremd sind,
sondern der alles mitgemacht hat. Von einem Gott,
der dies alles durchlebt und durchlitten hat.

Gott steigt in den Tod hinab,
damit wir Menschen ins Leben kommen.

Wir dürfen Zeugnis geben von einem Gott, der uns erlöst hat.


Für mich heißt das: Wir dürfen Zeugnis geben.
Von einem Gott, der am Ende das Leben möchte und uns Leben verheißt.

Der Karfreitag ist durchlebt und durchlitten.

Was bleibt, sind die Wunden und Verletzungen.


Jesus ist nach Ostern ein anderer –
er hat Wundmale, er hat Verletzungen.
Er ist verändert.


Österliche Menschen sind Menschen,
die um ihre Verwundungen und Verletzungen wissen.

Und die dennoch nach vorne blicken.

Ostern sagt. Es gibt neues Leben – es gibt anderes Leben.

Und: es gibt kein Zurück.

Weder im persönlichen Leben noch im Leben einer Beziehung,
einer Familie, einer Gemeinde, einer Gesellschaft.

Es gibt kein Zurück in die letzten Jahrhunderte und Jahrzehnte.

Leben geschieht immer nur nach vorne.
Mit der Vergangenheit im Gepäck.
Mit ihrer Freude und mit ihrer Last.


Ostern sagt mir,
dass ich mit den Wunden, die ich habe,
die zu meinem Leben gehören immer wieder in die Zukunft blicken kann
und meine Wunden annehmen kann.

Das Leben Jesu nach Ostern ist ein anders als das Leben Jesu vor Ostern.

Wir dürfen und können österliche Menschen sein.

Österliche Menschen leben in diesem Glauben an den Gott des Lebens,
trotz der vielen Tode.


Dieser Glaube an das Leben will dazu ermuntern,
schon jetzt vom Leben zu erzählen, das Leben zu erhalten,
lebensfördernde Maßnahmen für uns selbst,
für andere, für Kirche und Gesellschaft zu ergreifen.

Österliche Menschen sind dem Leben zugewandt.
Und ich finde, das bedeutet, dass sie dort, wo Leben eingeschränkt wird,
aktiv werden müssen.


Österliche Menschen wollen das Leben.
Sie werden sich dafür einsetzen,
dass das Leben sich entfalten und entwickeln kann,
dass Leben gefördert werden kann.

Umgekehrt bedeutet dies, dass überall da,
wo Leben eingeschränkt wird, ich mich dagegen stelle.


Österliche Menschen werden den Finger erheben,
wenn Menschenrechte mit Füßen getreten werden.

So wie z.B. in Uganda, wo der Staat ein Anti-Homosexuellen-Gesetz erlassen hat,
das Strafen, bis hin zur Todesstrafe vorsieht.

"Die Menschenrechte gelten für alle.
Erst jüngst hat Papst Franziskus klargestellt:
Die Kriminalisierung von Homosexualität ist ungerecht.“
Deshalb, so sagen es die Deutschen Bischöfe, die Verfolgung muss aufhören –
nicht nur in Uganda, Nigeria, Russland sondern überall in der Welt"


(Quelle: https://www.katholisch.de/artikel/44462-deutsche-bischoefe-kritisieren-ugandisches-anti-homosexuellen-gesetz)


Österliche Menschen sind Menschen für das Leben.

Sie werden daher achtsam mit der Welt umgehen,
mit ihren Ressourcen und ihren Gaben.

Nachdenklich hat mich ein Interview am Karfreitag gemacht.
Es ging um Wasserknappheit.

(https://www.deutschlandfunk.de/sz-journalist-ritzer-wasser-wird-neben-energie-ein-grosses-versorgungsthema-102.html)


Wir haben immer weniger Wasser –
und Millionenjahre altes Wasser nutzen wir als Mineralwasser.

Wasser ist Allgemeingut.
Dennoch: in Hessen, in Thüringen und Bayern müssen die Firmen,
die das Mineralwasser fördern, nichts für das Wasser zahlen.
Das Wasser kostet sie nichts.

Es wird gefördert und dann an uns verkauft.

Das, was allen gehört,
wird von einigen wenigen gefördert und an uns verkauft
und zwischendrin noch teilweise viele hundert oder tausende Kilometer
über die Autobahn transportiert.

Wasser ist Leben –
Und der drohende Wassernotstand mit all seinen vielen Ursachen,
weist auf einen Lebensnotstand hin.
Und unseren falschen Umgang mit der Schöpfung.

Österliche Menschen sind Menschen, die sich für den Erhalt der Umwelt einsetzen.


Ich habe inzwischen den Eindruck,
dass wir, wir,
die letzte Generation sind, die etwas aufhalten, etwas ändern, etwas verbessern kann.

Verantwortung auf andere, auf Jüngere schieben, geht nicht.

Verantwortung in die nächsten Jahrzehnte weg delegieren, geht auch nicht.


Nicht in der Politik, nicht in der Gesellschaft, nicht in der Kirche.

Wer zurückmöchte, wer mit Formen und Formeln,
mit Riten in die Vergangenheit möchte, lebt, so finde ich, nicht österlich.


Wer sich in Kirche und Politik
an alte Denk- und Verhaltensmuster klammert,
der klebt fest
in alten Strukturen und Handlungen,
der blockiert Veränderung.

Österliche Menschen aber sind Menschen der Bewegung,
der Dynamik, der Kraft und Zuversicht,
des Aufbruchs.


Diese Kraft der ersten Jüngerinnen,
der ersten Zeuginnen der Auferstehung,
diese Botschaft des Lebens wünsche ich mir für heute,
damit diese österliche Botschaft uns und durch uns die Kirche
und die Welt durchdringt,
verändert und zum Leben führt.



Peter Göb

Es gilt das gesprochene Wort

Die Gottesdienste der österlichen Tage gehören zusammen.


So gibt es am Gründonnerstag keinen Segen und keinen Entlassungsruf, am Karfreitag keine Kreuzzeichen zu Beginn und ebenfalls keinen Segen am Ende der Liturgie.

Erst der Segen in der Osternacht beschließt die Feier der Drei österlichen Tage!



An diesem Tag,
der geheiligt ist durch die Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus,
segne euch der gütige Gott
und bewahre euch vor der Finsternis der Sünde. Amen!

In Christus haben wir Anteil am ewigen Leben,
in ihm führe euch Gott zur unvergänglichen Herrlichkeit. Amen.

Unser Erlöser hat uns durch die Tage seines Leidens
zur österlichen Freude geführt,
er geleite euch alle Tage des Lebens
bis zu jener Osterfreude, die niemals endet. Amen.

Das gewähre euch der dreieinige Gott,
der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen!



Gott segne dich,
damit du singen kannst,
auch wenn dir das Herz schwer ist,
damit du sehen kannst,
auch wenn Tränen deine Augen verschleiern,
damit dein Mund reden kann,
auch wenn dir das Wort im Hals steckenbleibt,
damit du Lachen kannst,
auch wenn es um dich herum finster ist.
So segne dich Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist. – Amen.