10. Sonntag im Jahreskreis - 11. Juni 2023

Gedanken zum Sonntag
Segen

1. Lesung: Hosea 6,3-6

2. Lesung: Römerbrief 4,18-25

Evangelium: Matthäus 9,9-13



In vielen Kirchen gibt es mindestens einen Ort, wo Menschen Kerzen entzünden können.

Manche erzählen, dass sie im Urlaub in der Kirche, die sie besuchen, Kerze anzünden.

Christen, Nichtchristen.

Hier bei uns machen das Menschen auch.


Ritual, Ritus für viele. Vor dem Gottesdienst, danach.

Die Anzahl der Kerzen lässt möglicherweise über die Anzahl der Gottesdienstteilnehmenden Rückschlüsse zu oder auch über die Wichtigkeit des Anliegens, die die Menschen haben, die diese Kerzen entzünden.

Es ist ein schönes Ritual. Ein wertvolles Ritual.

Kerzen haben etwas Besonderes.


Mich erinnert das Anzünden der Kerzen hin und wieder ein bisschen an Opferrituale und Opferkulte. 

Ich tue etwas, ich opfere etwas, damit Gott oder - in andern Zeiten und Kulturen – damit die Götter gnädig gestimmt werden.Eine Bitte möge erfüllt werden, Unheil abgewandt oder Leid gemildert werden.


Das Christentum kennt diese Art des Opfers nicht.

Wir müssen uns nicht opfern – oder etwas aufopfern.

Jesus hat uns erlöst.

Jesus ist für uns gestorben und auferstanden und hat uns erlöst. Wir können dieser Erlösung durch Jesus nichts wegnehmen und auch nicht hinzufügen.


Was er will, das hören wir in der Lesung:
Jesus will keine Opfer, er will Barmherzigkeit.

Jesus lehrt nicht nur Barmherzigkeit, er praktiziert sie auch.


Die Berufung des Zöllners Matthäus ist ein solches Beispiel.

Matthäus stand im Dienst des Fürsten Herodes. Er gehörte zu den Beamten, die den Zoll eintrieben, der auf den Waren und Gütern lag.

Die Zöllner hatten relatives freies Walten und Schalten, sie erhoben oft mehr, als auf den Waren tatsächlich an Zoll lag.

So haben sie durchaus in die eigene Tasche gewirtschaftet und diese gut gefüllt.

Weil sie Unrecht taten, gehörten sie nach dem jüdischen Recht zu den Unreinen. Sie waren von der Synagoge ausgeschlossen. Sie wurden mit Räubern und Mördern auf eine Stufe gestellt.


Und nun beruft Jesus diesen Matthäus.

Einen Menschen,

der von den anderen gehasst und gemieden wurde.

Ihn wollte Jesus bei sich haben. Ihm bot er Freundschaft an.

Jesus schaut auf den Menschen, nicht auf seinen Beruf.

Nicht auf seine Anerkennung bei den anderen bzw. in der Gesellschaft.


Ein trostreicher Gedanke.

Wir sind zwar nicht Zöllner*innen, Mörder*innen, Räuber*innen. Wir sind aber auch Menschen mit Fehler und Schwächen.

Und wenn Jesus schon Matthäus beruft, dann dürfen auch wir uns von Jesus gerufen wissen.

Bei Gott bin ich groß und ich bin berufen.


Wenn schon dem Zöllner der Ruf: „Folge mich nach“ gilt, dann gilt er uns allen auch. Und ich muss mich nicht schämen oder für klein halten oder mir die Liebe Gottes mit Opfern – welcher Art auch immer – erkaufen.

Jesus beruft den Matthäus – ein Vorgang, der bei den führenden Menschen damals Anstoß erregte. Und Jesus bleibt konsequent. Er setzt sich mit ihnen an einen Tisch.

Die Mahlgemeinschaft mit Zöllnern und Sündern, ist ein Beispiel der Zuwendung Gottes zu den Menschen. Ist ein Beispiel der Barmherzigkeit.


Das Verhalten Jesu weckt Widerspruch, ja Widerstand.

Weil – er etwas tut, was gesellschaftlich verpönt war.

Er sucht und hat Gemeinschaft mit denen am Rand, Gemeinschaft mit denen, von denen man sich normalerweise fern hält.

Gemeinschaft mit denen, die nicht so wirklich dazu gehören.

Jesus spricht von Barmherzigkeit und er handelt barmherzig.

Wie sieht unsere Barmherzigkeit im Alltag aus?

Gehen wir barmherzig miteinander um? Oder kommt da Unbarmherzigkeit, Kaltherzigkeit, Recht vor Gnade durch?

Tun wir das heute, was Jesus damals getan hat – mit allen Konsequenzen?

Fallen wir auf? Oder wollen wir nicht auffallen, damit wir ruhig leben und Gemeinde sein können?


Jesus ist aufgefallen, angeeckt, weil er sich den Menschen zuwandte. Wäre das eine Option für uns?
Fallen wir auf, Sie und ich, weil wir uns Menschen zuwenden, die am Rande stehen?

Wenden wir uns Menschen zu, holen sie in die Gemeinschaft hinein, die sonst keiner hineinnimmt?


Lösen wir durch unser Tun Widerspruch und Widerstand aus?

Nicht um des Widerstands willen, sondern weil es ungewohnt ist.

Es geht Jesus um die Zuwendung zum Menschen.

Jesus erfährt Widerspruch, weil er sich dem Menschen zuwendet, dabei so manches religiöse Gesetz übertritt.

Aber immer auf den Sinn des Gesetzes hinweist.


Ich wünschte mir, die Kirche würde mehr Widerspruch erfahren, weil sie sich den Menschen zuwendet.

Weil sie sich für die Menschen einsetzt.



Peter Göb

Es gilt das gesprochene Wort

Segne uns mit der Kraft der Liebe.
Segne uns mit dem Wasser der Güte.
Segne uns mit der Offenheit für die Fülle des Lebens.
Segne uns mit Verstehen und Verstanden-Werden.
Gott segne uns heute und alle Tage,
der Vater durch den Sohn im Heiligen Geist.