Auf dieser Seite finden Sie in der Regel Gedanken zum Sonntag oder eine ausformulierte Predigt sowie ein Segensgebet.

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Ostermontag

1. April 2024

Gedanken zum Sonntag
Segen

Der Weg nach Emmaus 

Beatrix Senft



Da gehen sie,
die beiden Jünger Jesu.
Freudigen Schrittes
gehen sie
sicherlich nicht,
denn sie lassen alles hinter sich.
Ihre Hoffnungen,
Erwartungen,
Freundinnen und Freunde.
Lassen alles hinter sich –
in Jerusalem.

Es mag wohl eher eine Flucht sein.
Sie ertragen nicht,
das mit dem Tod Jesu,
mit diesem schrecklichen
Ende am Kreuz,
all das,
was sie durch ihn
als wichtig angenommen haben,
ein jähes Ende findet.

Dieser Weg ist kein Spaziergang,
bei dem man
so ein bisschen
aus seinem Leben plaudert.
Das,
worüber sie –
wie uns berichtet wird –
reden,
sind die Ereignisse,
die sie hinter sich lassen.

Das Unbegreifliche,
dieses Leidens- und Sterbeweges
ihres Freundes.

Die Worte,
die hier fallen,
sie mögen stoßweise kommen.

Wir kennen das alle,
wie schwer es fällt,
das Sterben unserer Lieben
in Worte zu fassen.

Ist das,
was da in ihnen gärt,
überhaupt in Worte zu fassen?

Ihr Weg nach Emmaus
ist ein Weg
des inneren Schmerzes,
des Zweifels
und gleichzeitig
der mühsame Versuch
des Verstehens.
Und während sie so gehen,
ist Jesus mit einem Mal
einfach an ihrer Seite ---
und geht mit.
Er ist zum Greifen nahe,
aber sie sind so in sich gefangen –
mit Blindheit geschlagen –
dass sie ihn nicht erkennen.

Er braust nicht auf:
„Hey, seid ihr denn blöd,
könnt ihr nicht sehen,
ich gehe doch neben euch.
Seht doch her,
ich bin doch da.“

Nein,
er ist einfach da.
Bleibt neben ihnen.
Setzt sich ihren Enttäuschungen
ihren Fragen,
ihrer Niedergeschlagenheit –
eben ihrer ganzen inneren Not –
aus

und

geht mit,
bleibt neben ihnen.
Hält es aus,
dass sie ihn
und seine Lehre
mit dem Gesagten
in Zweifel ziehen.
In Zweifel ziehen,
weil er das,
was sie erhofft hatten,
nicht erfüllt hat.

In mir kommt das Bild auf,
als legte
Jesus einen seiner Arme
wie einen wärmenden Mantel
um die beiden,
um sie zu schützen
und sie erneut für sich „einzufangen“.
So, als würde er sagen:
„Kommt,
ich erkläre es euch noch einmal
ganz von vorne,
noch mal neu.“

Er zerredet nichts,
lässt alles zu.

Und in diesem Zuwenden
eröffnet er ihnen
die Zusammenhänge.
Lässt sie verstehen,
dass alles so kommen musste.

In unserer heutigen Zeit,
würde an dem Punkt,
wo doch alles gesagt ist,
wohl kommen:
„Seien sie mir nicht böse,
nett,
dass ich Ihnen helfen konnte,
jetzt muss ich aber los,
habe noch viel anderes
zu erledigen.“

Nicht so bei Jesus.
Er geht weiter mit,
Schritt für Schritt,
bis sie zu Hause
angekommen sind -
in ihrem Dorf –
wohl auch bei sich selbst
wieder Heimat gefunden haben.

Er weiß,
dass er sie jetzt
auch lassen könnte –
wieder sich selbst
überlassen könnte.
Und so tut er,
als ginge er weiter
und lässt sich drängen,
doch zu bleiben.

Lässt sie darum bitten,
doch noch fortzufahren,
ihnen Sicherheit zu geben.
Lässt sie aussprechen,
dass der Wechsel
von Tag und Nacht
sie noch schreckt.

Und so geht er mit ihnen hinein,
in ihre Heimat –
ihre Beheimatung –
und gibt sich
in der Gemeinschaft
und im Brotbrechen
ganz zu erkennen.
So zu erkennen,
dass ihnen
die Augen aufgehen.

Und da
schreckt es die beiden
nicht mehr,
dass er nicht mehr
leibhaftig
an ihrer Seite ausharrt.
Jetzt ist seine Botschaft,
sein Geheimnis,
ganz in sie eingedrungen.
Jetzt
kann keine Nacht
sie mehr schrecken,
kein Dunkel
sie mehr zurückhalten.
Jetzt
brennt ja sein Licht
ganz neu
in ihrer Brust.

Jetzt können
sie sich aufmachen
und mit den anderen
bekennen:
„Der Herr ist wirklich auferstanden.“





Da gehen wir,
die Jüngerinnen und Jünger Jesu in der heutigen Zeit.
Freudigen Schrittes
gehen wir meist nicht,
denn so manches
bleibt hinter uns zurück.
Unsere Hoffnungen,
Erwartungen,
Lebenskonstruktionen.
Liebgewordene Menschen
an unserer Seite -
bleiben zurück,
halten es an unserer Seite nicht aus
oder sterben.

Wir rasen davon
mit all den Ablenkungen,
die uns
unsere moderne Zeit
zu bieten hat.

Und Sie und ich? –
Sind wir noch –
oder mal wieder –
vielleicht
nach einem persönlichen „Jerusalem-Erlebnis“ –
auf dem Weg nach Emmaus?
Brauchen wir die Begegnung
und Bestätigung Jesu
wieder einmal ganz neu?

Ist die Last des Lebens
gerade etwas,
was uns wegführt,
uns unstetig sein lässt?

Persönliche Schicksalsschläge,
die uns aufwühlen?
Wandlungen
in Familie,
Umkreis,
Beruf,
Kirche
und in unseren Gemeinden,
die uns fragen lassen:
warum?

Ich für mich kann sagen,
ja,
ich musste immer wieder
auch diesen Weg gehen,
den Weg nach Emmaus.

Und vielleicht
muss ich ihn
auch immer wieder
einmal gehen.
Aber
immer wieder
durfte ich
in meinem Emmaus
ankommen

und
konnte mich dann

neu aufmachen



Beatrix Senft, 2022

 

Der auferstandene Herr schenke euch
die Behutsamkeit seiner Hände,
die Güte seiner Augen,
das Lächeln seines Mundes,
die Treue seiner Schritte,
den Frieden seiner Worte,
die Wärme seines Herzens,
das Feuer seines Geistes,
das Geheimnis seiner Gegenwart!